Katzengeschichten

Benny

 

 (1997 – 14. September 2016)

 

 

Dies ist die Geschichte von Kater Benny, so wie ich sie erlebt habe und wie sie mir seine Menschen Sepp und Ingrid erzählt haben.

 

Sepp und Ingrid haben Benny als kleinen Kater vor 19 Jahren im Tierheim entdeckt. Dort war er als kleiner „Wilder“ bekannt, was die beiden aber keineswegs abgeschreckt hat. Sepp war sich sicher, das kriegen wir schon hin. Benny ließ sich bereitwillig einfangen und in sein neues Zuhause nach Völs bringen, wo er sein langes, wunderschönes Katerleben bis zum Schluss in vollen Zügen genossen hat.

 

Ich habe Benny im Herbst 2003 kennengelernt, als ich gerade angefangen hatte, im abgelegendsten Teil von Völs (Greidfeld, Angerweg, Bauhof, Eichberg) die Tiroler Tageszeitung zuzustellen. Zu Fuß natürlich. Kein leichtes Gebiet, sehr weitläufig, sehr abgelegen. Und im Winter sehr, sehr kalt, wenn der eisige Wind aus dem Nassen Tal heraus wehte. Ich hatte mir schon vorgenommen, mir so schnell wie möglich ein anderes Zustellgebiet zu suchen, als der rot-weiße Kater Simba vom Angerweg in mein Leben trat. Ihm war es zu verdanken, dass ich in diesem Zustellgebiet geblieben bin, denn nun hatte ich einen Freund, der verlässlich jeden Morgen schon auf mich wartete, um mich liebevoll zu begrüßen, seine Streicheleinheiten zu genießen, auch ein paar Stückchen Katzenwürstl natürlich, und dann die von mir abgelegte Zeitung seiner Menschen zu „bewachen“. Ab sofort war ein Gebietswechsel absolut kein Thema mehr für mich, ganz im Gegenteil, ich liebte dieses Gebiet mit Simba, und all den anderen Katzen, die ich dann bald nach und nach alle kennenlernen durfte. Sie alle erwarteten mich jeden oder fast jeden Morgen vor ihren Häusern und machten mir meine Tour zum wunderschönen Vergnügen, auf das ich mich jedes Mal so sehr freute.

 

Und einer dieser Katzen war der Kater Benny, von dem ich hier erzähle. Von Simba und all den anderen Katzen erzähle ich dann in weiteren Geschichten.

Nun aber weiter mit Benny!

 

 

 

Benny bekam von mir natürlich auch immer seine Katzenwürstln, wenn wir uns in der Früh trafen. Meistens vor seiner Haustür oder in der Nähe seines Hauses. Meine Zeitungen hatte ich in einem Zeitungswägelchen mit zwei Taschen, das ich vor mir herschob. Benny mochte dieses Wägelchen und hat es auch gleich als das seine markiert, indem er einmal die untere Tasche angepieselt hat. J Er liebte auch unsere kleinen Unterhaltungen und seine Streicheleinheiten, die ich ihm so gerne gab.

 

In diesen frühen Morgenstunden war er manchmal sehr übermütig und ist mir ein paarmal, als ich wieder weiterging, von hinten an die Beine gesprungen und hat mich ganz leicht gezwickt. Das war aber überhaupt nicht böse gemeint, sondern wirklich nur aus lauter Übermut. J

 

 

Eines Morgens begegnete ich Benny im Eichberg, also ganz in der Nähe seines Hauses. Er war ganz aufgeregt und wollte unbedingt, dass ich ihm folge. Das habe ich dann auch getan und war schon ganz neugierig, denn es war für mich eindeutig, dass er mir etwas zeigen wollte. Benny führte mich zur Hauseingangstür des damaligen „Haus Bernhard“. Dort auf dem Fußabstreifer lag eine große, tote Maus. Frisch gefangen und erlegt von Benny! Für mich! Das wusste ich sofort, als ich sie sah, und Benny, wie er sich stolz daneben hinsetzte und mich ganz zufrieden und erwartungsvoll anschaute. Ich war so gerührt über dieses große und liebe Geschenk. Dass er in den frühen Morgenstunden auf die Jagd gegangen ist, geduldig gelauert hat, um mir dann ganz stolz seine Beute als Geschenk zu präsentieren. Das alles für mich. Das ist wirklich aufrichtige, tiefe und wahre Liebe. Ich habe mich voller Begeisterung und Freude bei Benny bedankt und ihn ganz fest gelobt für sein großes Jagdgeschick. Und dann habe ich ihm gesagt, dass ich Vegetarierin bin und als solche kein Fleisch esse, darum dürfe ruhig er selbst diese Maus verzehren. Daraufhin hat er mir ganz zufrieden und lieb zugezwinkert, die Maus sorgsam mit den Zähnen aufgenommen und ist dann mit der Maus im Mäulchen auf geradem Wege in seinen Garten gegangen, wo er sie dann sicher genüsslich verspeist hat.

 

Nun muss ich aber noch erzählen, woher ich überhaupt Bennys Namen wusste. Ich habe seinen Menschen ein Kärtchen zur Zeitung gelegt, wo ich mich kurz vorstellte und ihnen erzählte, dass ich ihren wundervollen Kater kennengelernt hatte und gerne seinen Namen wissen würde. Ungefähr zur gleichen Zeit hat auch Ingrid, wie sie mir dann später erzählte, bei der Tiroler Tageszeitung angerufen und sie um meine Telefonnummer gebeten. Zuerst wollten sie sie ihr nicht geben, wegen des Datenschutzes, aber als Ingrid erklärte, dass sie mich so gerne anrufen würde, weil sie so zufrieden mit meiner Zustellung sind und weil ich so liebe Freundschaft mit ihrem Kater geschlossen habe, und ihn immer mit Katzenwürstln verwöhne. Dafür wollte sie sich bei mir persönlich bedanken. Und so haben sie ihr natürlich gerne meine Telefonnummer gegeben, und Ingrid hat mich dann angerufen. So ist eine schöne Freundschaft entstanden. Nach der Freundschaft zu Benny nun auch die Freundschaft zu Ingrid und Sepp.

 

Als ich mit Ende März 2008 meine Tätigkeit als Zeitungszustellerin beendete – ich konnte vormittags kaum mehr schlafen – habe ich meine „Zeitungskatzenrunde“ aber trotzdem beibehalten. Ich konnte und wollte doch all meine samtpfotigen Freunde nicht im Stich lassen, und es wäre für mich unvorstellbar gewesen, sie nicht mehr zu sehen. Ich habe sie alle so in mein Herz geschlossen und wollte keinen einzigen mehr von ihnen missen. Ich machte nun eben immer am frühen Abend meine Katzenrunde. Das habe ich am letzten Zustellmorgen natürlich allen Katzen gesagt, dass ich ab morgen immer am frühen Abend statt am frühen Morgen komme. Und es waren vom ersten Tag an alle da! Sie haben sich sofort umgestellt und haben mich vom ersten Abend an alle wie gewohnt vor ihren Häusern erwartet! Wirklich außerordentlich kluge, liebe und treue Freunde! Auch Benny natürlich.

 

Als ich dann meine neue Arbeitsstelle in der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol in Innsbruck antrat, konnte ich leider nicht mehr täglich meine Katzenrunde machen, da ich nun eine 40-Stunden-Arbeitswoche hatte. Aber auch das habe ich den Katzen vorher gesagt, und dass ich ab nun jeden Samstagnachmittag kommen werde. Und auch das haben sie sofort verstanden und waren vom ersten Samstagnachmittag an immer da, alle! Auch Benny. Und das ist auch so geblieben, bis heute. Und so bleibt es auch, solange ich lebe. Viele meiner alten Freunde sind zwar mittlerweile leider schon verstorben, wie auch der liebe Benny, aber ich habe auch viele neue dazubekommen.

 

 

Ungefähr zu dieser Zeit hat sich auch eine sehr liebe „Tradition“ zwischen Bennys Menschen, Benny und mir entwickelt – ungefähr einmal im Monat war ich zu Besuch bei ihnen zuhause, im Zuge meiner Samstagskatzenrunde. In letzter Zeit war es auch manchmal der Sonntag, aber einer der beiden Tage war es immer. Leider waren meine Besuche in der letzten Zeit seltener, was ich sehr bedauere. Ich hätte Benny – und natürlich auch seine Menschen Ingrid und Sepp – so gerne öfter gesehen. Aber mir ging es nicht so gut, und deshalb bin ich leider nicht immer dazu gekommen, obwohl ich so gerne wollte. Das tut mir so leid, überhaupt jetzt, wo der liebe Benny verstorben ist. Aber ich denke so gerne an meine letzten Besuche bei ihm zurück und bin so froh, dass ich ihn noch gesehen habe. Es tut mir nur so leid, dass ich ihn ganz zum Schluss nicht noch einmal besuchen konnte. Aber Benny weiß, dass das keine Absicht war und wie gerne ich es getan hätte, und wie sehr ich mich jedes Mal gefreut habe, wenn ich ihn gesehen habe. Danke, Benny, für all die schönen Stunden und Minuten, die wir miteinander verbracht haben! Du bleibst für immer in meiner Erinnerung und in meinem Herzen!

 

 

Benny war das eindeutige Familienoberhaupt, wie mir Sepp und Ingrid erzählt haben. Benny bestimmte den Tagesablauf – und das natürlich rund um die Uhr. Frühstück in den frühen Morgenstunden. Viel Aufmerksamkeit über den ganzen Tag verteilt, und nachts mit seinen Menschen im Bett schlafen.

 

 

Wenn ich in der Adventszeit zu Besuch war, sind wir dann oft ganz gemütlich am Küchentisch gesessen, am Tisch der Adventskranz mit den brennenden Kerzen als einzige Lichtquelle, Benny mit uns am oder zwischen uns auf dem Tisch. Das war so gemütlich, eine richtig schöne vorweihnachtliche Stimmung. Das sind Momente, die ich nie vergessen werde.

 

Oder in der warmen Jahreszeit, wenn die Tür zur Terrasse offen war, oder wir draußen auf der Terrasse gesessen sind, bin ich mit Benny immer gleich zu seiner Katzenminze-Staude im Garten gegangen, hab ihm ein paar Blätter abgezupft und sie ihm zum Verspeisen hingehalten. Er hat sie sehr gepflegt ins Mäulchen genommen und genüsslich verspeist. Sehr zur Freude auch von Sepp und Ingrid, die immer freudig erstaunt über Bennys kulinarische Ausflüge waren. 

 

Und bis zum Schluss war Benny verspielt. Unser Lieblingsspiel im Garten war immer einen langen Gräserhalm fangen. Ich zupfte von den langen Gräsern, die an manchen Stellen des Gartens wachsen, eines aus und zog es schnell über den Rasen. Bennys Jagdinstinkt war dann immer blitzschnell erwacht, und er schoss sogar noch als alter Herr rasend schnell dem Halm nach, kreuz und quer und hin und her durch den Garten. Bis er ihn dann schließlich „erlegt“ hatte und ganz stolz und zufrieden unter seinen Vorderpfoten hielt. Dasselbe spielten wir manchmal auch mit einer Schnur, die ich durch das Gras zog.

 

 

Einmal wurde er sogar vermisst. Ich habe dann viele Suchzettel gemacht mit einer kurzen Beschreibung und einem Foto von ihm, und diese dann in ganz Völs verteilt. Nach ein paar Tagen ist Benny dann von selbst wieder aufgetaucht. Sepp radelte gerade auf der hinteren Terrasse auf dem Heimtrainer, als er schräg über sich eine Bewegung wahrnahm. Er blickte hinauf und entdeckte über sich auf dem Glasdach der Terrasse sitzend, Benny! Die Wiedersehensfreude war natürlich riesengroß! Ingrid und Sepp haben mich gleich darauf angerufen und mir die freudige Neuigkeit mitgeteilt. Ich habe mich auch so fest gefreut und war so froh, dass Benny wieder zuhause war! Es ging ihm auch soweit gut, äußerlich waren keine Verletzungen sichtbar. Aber irgendetwas stimmte doch nicht so recht. Der Tierarzt stellte dann fest, dass er wohl aus großer Höhe gestürzt sein müsse, oder dass etwas Großes, Schweres auf ihn draufgefallen sein müsse, oder dass er einen Schlag oder Tritt versetzt bekommen hatte. Denn sein Innenohr hatte etwas abbekommen, und auch mit seinem rechten Auge war etwas nicht ganz in Ordnung. Aber das hat Benny nie beeinträchtigt oder gestört, und er hat sich sehr schnell von den Schrecken erholt und weiterhin wie immer sein Katerleben in vollen Zügen genossen.

 

Wenn Ingrid und Sepp im Urlaub waren, habe ich manchmal auf Benny geschaut. Wir zwei haben dann unseren eigenen Urlaub in Bennys Garten verbracht. Wir haben uns sogar ein großes Badetuch in die Wiese gelegt und sind dann nebeneinander auf dem Badetuch in der Sonne gelegen und haben einfach unser Beisammensein genossen. Das war so wunderschön! Und unvergesslich! Benny hat sich auch bereitwillig von mir Zecken entfernen lassen. Und sich bürsten lassen. Einmal habe ich sogar die ganze Nachbarschaft alarmiert. Das kam so: Eines Tages, als Ingrid und Sepp im Urlaub waren und ich auf Benny schaute, kam ich ins Haus, und Benny war nirgends zu sehen. Ich rief nach ihm, schaute überall nach, auch im Garten und im Keller, wo er durch seine Katzenklappe jederzeit rein konnte, und von wo aus er durch die offene Tür ins Haus gelangte. Aber ich fand ihn nirgends. Also ging ich durch die Nachbarschaft und rief überall nach ihm, und läutete auch bei den nächsten Nachbarn, um zu fragen, ob sie ihn vielleicht gesehen hätten bzw. wenn sie ihn sehen, dass sie mir gleich Bescheid geben. Ich war ganz nervös und machte mir Sorgen um Benny. Und das, obwohl mir Sepp und Ingrid vorher extra noch gesagt haben, dass ich mir eben keine Sorgen machen muss, sollte er einmal nicht da sein. ;-) Nachdem ich überall in der näheren Umgebung geschaut, gerufen und die Nachbarn befragt hatte, ging ich wieder zurück zum Haus und in den Garten. Und plötzlich kam Benny im Garten seelenruhig und zufrieden auf mich zu. Ach, was war ich froh und glücklich, dass Benny wieder da war! :-D Er bekam natürlich extra viele Streicheleinheiten und Katzenwürstln. Und wir verbrachten noch einen wunderschönen Nachmittag miteinander.

 

Immer wenn ich zu Besuch kam, hat es nicht lange gedauert und Benny ist sofort dahergekommen, egal wo er gerade war und was er gerade gemacht hatte. Einmal hatten Ingrid und Sepp Benny schon seit den Morgenstunden nicht mehr gesehen. Als ich am Nachmittag zur Tür hereingekommen bin und nach ihm gerufen hatte, kam er plötzlich daher, wahrscheinlich vom Keller.

 

 

Er saß dann immer neben mir auf der Küchenbank, schnurrte und genoss es, von mir zwischen seinen Öhrchen gekrault zu werden. Und natürlich mit Katzenwürstln verwöhnt zu werden. Und wenn ich dann wieder ging, ließ er es sich nie nehmen, mit mir durch die Vordertür mit nach draußen zu gehen, wo wir uns dann mit einem weiteren Katzenwürstl liebevoll voneinander verabschiedeten.

 

 

Benny war immer so ein liebevoller, friedlicher und ruhiger Kater. Und ich werde seinen tiefen Blick voller Liebe nie vergessen, mit dem er mich immer ganz innig angeschaut hat. Er hat mich auch immer mit einem liebevollen Kopfstoß Stirn an Stirn begrüßt. Benny war – und wird es immer sein – ein ganz besonderer Kater.

 

 

Leider hatte Benny Krebs bekommen. Aber auch davon hat er sich bis zum Schluss nichts von seiner Lebensfreude nehmen lassen.

 

 

Am 14. September 2016 ist unser geliebter Benny dann leider verstorben. Wir alle, die wir ihn so geliebt haben und immer lieben werden, werden ihn immer in liebevoller Erinnerung behalten und dankbar sein, dass er sein Leben mit uns geteilt hat. Nun schaut Benny vom Katzenhimmel aus auf uns und passt auf uns auf.

 

 

Danke, lieber Benny, für alles!

 

 

In Liebe,

 

deine Freundin Sylvia

 

11. April 2017